Mehlemer Millionenobjekte wachsen

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General-Anzeiger vom 21. Januar 2022,
VON SILKE ELBERN

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Die Brings-Gruppe investiert in 75 Mietwohnungen, die Hafa-Gruppe in ein Bürohaus und Eigentumswohnungen

MEHLEM. Wer regelmäßig über die B 9 an Mehlem vorbeifährt, kann auf 1,6 Kilometern seit geraumer Zeit Stadtentwicklung pur beobachten. An der Ecke Remagener Straße (B9)/Hagenstraße/Mainzer Straße lässt die Bornheimer Brings-Gruppe kurz vor der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz 75 Wohnungen in die Höhe wachsen. Gewissermaßen am nördlichen Ende des Zipfels baut die Godesberger Hafa-Gruppe zwischen Remagener Straße und Mainzer Straße die „Südspitze“: ein Büroneubau und nach dessen Fertigstellung Wohnungen samt Ge-werbe. Der GA hat sich bei beiden Investoren nach einem Zwischen-stand erkundigt.

Nach dem ersten Bericht des General-Anzeigers über die 75 geplan-ten Wohnungen stand das Telefon bei der Bornheimer Brings-Gruppe nicht still. „Wobei wir eigentlich täglich viele Anrufe haben, von Leuten, die mieten oder kaufen wollen, das ist der Wahnsinn“, sagt Peter Brings. Da man diverse Bodengutachten im Vorfeld gefertigt habe, habe es nach dem Abriss der Tankstelle auf dem früheren Heck-Gelände bis auf klei-nere Verunreinigungen keine Überraschungen gegeben. Er rechnet mit einer Fertigstellung der beiden L-förmigen Gebäude im März 2023. Freuen können sich dann nicht nur Besserverdiener, sondern auch Menschen mit weniger Geld in der Tasche. Von den 75 Wohnungen sind nämlich 58 förderfähig. Zum Zeitpunkt der Anträge hätte Brings angesichts der Projektgröße nach eigenen Angaben 30 Prozent Sozialwohnungen bauen müssen. Warum also leistet er mehr? Dafür, so meint er, müsse man auf die Anfänge des Unternehmens blicken. „Wir gehen auf einen Dachdeckerbetrieb zurück und haben in den 1980er Jahren angefangen, als Altersabsicherung für den eigenen Bestand zu bauen“, so Brings. Er setze nicht auf höchste, sondern dauerhafte Erträge. Was man aktuell auf dem Wohnungsmarkt erlebe, sei nicht der Normalzustand: „Die Frage ist doch: Können die Leute die hohen Mieten oder Kaufpreise auch noch zahlen, wenn der Hype endet?“ Natürlich habe er wirtschaftlichen Erfolg, das will er nicht verschweigen: „Aber ich glaube, wir haben auch eine soziale Aufgabe.“ In allen Wohnungen sollen die gleichen Materialien zum Einsatz kommen – die 17 frei finanzierten, „exklusiveren“ Einheiten werden allerdings in den Staffelgeschossen untergebracht, mit bester Sicht aufs Siebengebirge. Darunter befinden sich jeweils drei weitere Geschosse. In ihr erstes Projekt in Bad Godesberg stecken die Bornheimer 15 Millionen Euro. Es bleibt anschließend im Firmenportfolio. Die Tiefgarageneinfahrt zur Mainzer Straße hin und auch die Aufteilung der Wohnungen lassen sich am Rohbau schon gut ablesen.

Die fünf Jahre Vorbereitungszeit, unter anderem wegen der Anpassung von Flächennutzungs- und Bebauungsplan, sind da fast vergessen. „Drei bis sieben Jahre sind mittlerweile keine Seltenheit mehr, Sie brauchen als Investor einen langen Atem und ausreichend Projekte im Vorlauf“, meint Brings dazu. Wartelisten führen seine Mitarbeiter übrigens für kein Objekt: „Ich empfehle immer, sich vier bis fünf Monate vor Fertigstellung zu melden, denn bei einem Jahr und mehr tut sich sonst meist doch an anderer Stelle noch was bei den Interessenten.“

Von Materialengpässen ist das Projekt „Südspitze“ im Gegensatz zu vielen anderen Baustellen bislang verschont geblieben, wie Andreas Thamm von der Godesberger Hafa-Gruppe mitteilt. „Der Bau wird im vierten Quartal des Jahres fertig sein, mit dem Innenausbau wird im Februar begonnen“, so Thamm, der gemeinsam mit Achim Carl, Harald Gude und Frank Piotrowski die Unternehmensgruppe führt. Zunächst entsteht, den Raum durch eine leicht elliptische Architektur optimal nutzend, auf der Spitze von B 9, Drachenburg- und Mainzer Straße das viergeschossige Bürohaus samt Staffelgeschossen. Das Gros der Fläche belegt die Dormakaba GmbH, die aktuell noch in einem direkt angrenzenden Gebäude untergebracht ist. „Dort wer-den mit Fertigstellung des Bürohauses und dem Umzug der IT-Firma Dormakaba Ende 2022 im zweiten Bauabschnitt 74 hochwertige Eigentumswohnungen entstehen“, er-zählt Geschäftspartner Achim Carl. Der Vertriebsstart sei am 10. Januar erfolgt. Im Bürohaus seien 80 Prozent vermietet; im Erdgeschoss eröffne ein „bekannter deutscher Konzern“ einen Großhandel, in die beiden Staffelgeschosse zögen Dienstleister wie eine Hausverwaltung, ein Maklerbüro und ein Notariat be-ziehungsweise Anwälte ein. „Nur für das dritte Obergeschoss mit cir-ca 820 Quadratmetern suchen wir noch Mieter“, so Carl. 50 Millionen nehmen die Godesberger nach eigenen Angaben für beide Bauabschnitte in die Hand, bis auf das Bürohaus verkauft die Gruppe anschließend alles. Dass in einem der Häuser im Erdgeschoss kleinere Gewerbeeinheiten zum Beispiel für Bäcker, Kiosk oder Frisör entstehen, betrachten die Investoren mit gemischten Gefühlen. „Leider waren uns hier die Hände gebunden, da es immer noch ein völlig überaltertes und unserer Sicht gerade auch seit der Pandemie nicht mehr nachvollziehbares Einzelhandelskonzept der Stadt Bonn gibt, welches großflächigen Einzelhandel außerhalb des Ortskerns untersagt“, kritisiert Carl. Gerne hätte man dort einen Drogeriemarkt angesiedelt. „Eigentlich müsste man sich doch über jeden Expansionswunsch in einem Stadt-teil freuen, die Politik sollte hier der Wirtschaft die Entscheidung zur Standortwahl überlassen“, fordert der Unternehmer.